2.) Was und wie viel darf man überhaupt noch? Sollten Strafen bezahlt werden?

Die Grundlage für die derzeit bestehenden „De facto-Ausgangsbeschränkungen – bzw. Ausgangsverbote“ ist eine Verordnung (siehe unten) des Gesundheitsministers. Um einer Verordnung überhaupt Geltung verleihen zu können, wird eine gesetzliche Grundlage benötigt. Auf diese gesetzliche Basis wird auch in der Verordnung verwiesen, es handelt sich dabei um das Covid-19 Maßnahmengesetz, eine völlig neue Grundlage, welche ohne Notwendigkeit geschaffen wurde, weil man mit dem Epidemiegesetz das Auslangen gefunden hätte.

Unabhängig von der Entbehrlichkeit dieses Gesetzes, ist festzuhalten, dass die Verordnung nicht durch das Gesetz gedeckt ist.

So enthält das Gesetz die grundsätzliche Ermächtigung nur dahingehend, das Betreten von BESTIMMTEN ORTEN, bei Auftreten von Covid-19 zu untersagen, soweit dies überhaupt ERFORDERLICH ist.

Unabhängig davon, dass dieses Erfordernis nach fundierten epidemiologischen Erkenntnissen nicht gegeben ist, ist auch aus juristischer Sicht darauf hinzuweisen, dass ein generelles Betretungsverbot, wie es vorliegt, nicht vom Gesetz gedeckt ist!

Das ist aber leider noch nicht Alles! Von Beginn an wurden einzelne Wörter ausgetauscht oder weggelassen wodurch eine, aus grundrechtlicher Sicht, unerträgliche Situation entstand! So fußt das Covid-19 Maßnahmengesetz auf dem Geist des Epidemiegesetzes, welches aber niemals generelle Beschränkungen und vorbeugende Maßnahmen für das gesamte Bundesgebiet vorgesehen hat, sondern strenge Voraussetzungen für individuelle Eingriffe, fein abgestimmt auf einzelne Betriebe und Gebiete beinhaltet.

Sowohl nach Epidemiegesetz als auch nach der ersten Verordnung im Zusammenhang mit dem „Corona-Virus“ war wesentliche Voraussetzung das Auftreten einer konkreten Infektion, in einem Betrieb oder Bereich. Auf die Wortfolge EINER INFEKTION hat man danach einfach verzichtet, wodurch es schrittweise zu Grundrechtseinschränkungen kam, welche Grundsätze unseres Rechtsystems ausgehebelt haben.

Dass man bei Inanspruchnahme eines ganz selbstverständlichen Rechtes – nämlich sich frei zu bewegen – der Polizei einen Rechtfertigungsgrund für die Ausübung nennen muss, schlägt dem Fass den Boden aus. Derartiges wird uns aber von der Verordnung abverlangt.

Zweifelhaft ist auch, ob das Lenken eines PWK´s als BETRETEN öffentlicher Orte anzusehen ist. (Man denke etwa daran, dass man das Fahrzeug auf eigenem Grundstück besteigt, sich dann beliebig im öffentlichen Verkehr bewegt, ohne dabei auszusteigen)

Die Beeinträchtigung fundamentaler Grundrechte, nämlich der Freiheit, Freizügigkeit, der Freiheit der Erwerbstätigkeit, der Versammlungsfreiheit, des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Religionsfreiheit etc. ist als gravierend zu bezeichnen. Unter dem Deckmantel „der Zweck heiligt alle Mittel“, hat man es offensichtlich unterlassen, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, die ansonsten in solchen Fällen zwingend vorgesehen ist – dies führt zur Verfassungswidrigkeit.

Anstatt die Risikogruppen, die unstrittig identifiziert sind und nur einen kleinen Anteil der Bevölkerung ausmachen, besonders zu schützen, hat man sich entschlossen, die gesamte Bevölkerung mit Verboten zu belegen, die durch die gegebenen Gefährdungen und statistischen Zahlen etc. nicht zu rechtfertigen sind. Man hat quasi die schärfste denkbare Maßnahme ergriffen und sich nicht damit befasst, die vielfältig zur Verfügung stehenden gelinderen Möglichkeiten in faktischer und rechtlicher Hinsicht zu prüfen und anzuwenden.

Conclusio:

  • Ob die Betretung sämtlicher öffentlichen Orte tatsächlich verboten ist (bzw. überhaupt verboten werden kann), ist mehr als fraglich.
  • Jedenfalls ist das Anhalten von fahrenden Autos durch die Polizei vom Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt!
  • Die Ziffer 5 der Ausnahmebestimmung in der Verordnung kann dahingehend interpretiert werden, dass man sich uneingeschränkt, ohne die Angabe von Gründen, „im Freien“ bewegen darf!
  • Die Straßensperren mit massenhafter Anhaltung von Fahrzeugen, finden weder im Wortlaut der Bestimmung Deckung, noch entsprechen sie dem Zweck der Verhinderung der Verbreitung des Virus.
  • Falls über sie eine Strafe verhängt wird, und sie die Rechtmäßigkeit überprüfen wollen, empfiehlt sich eine Überprüfung durch Ihren Anwalt vor Bezahlung!

Andrea Steindl | Wolfgang Schmidauer